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Team 2015/16

Das Team der Universität Freiburg im Wintersemester 2015/16 bestand aus Melanie Kistler, Dana Rolofs, Sara Faizee, Friedrich Arndt und Franka Enderlein. Der Sachverhalt behandelte Fragen bezüglich der Rechtmäßigkeit von Massenüberwachungsprogrammen, der Enteignung von mutmaßlich in solchen Programmen verwendetem Eigentum sowie die völkerrechtlichen Konsequenzen von Cyberangriffen.

Informationen zur nationalen Vorrunde in München und die Ergebnisse finden Sie hier. Es wurde am Lehrstuhl von Prof. Dr. Silja Vöneky von Felix Beck betreut.

Erfahrungsbericht

Auswahlverfahren

Nachdem wir spätestens durch die Veranstaltung "Meet the Moots" auf den Jessup aufmerksam geworden waren, war es Anfang Juni soweit und wir mussten uns und unser Englisch mit Vorträgen über ein völkerrechtliches Thema unserer Wahl den Organisatoren und zukünftigen Coaches stellen.

Als uns einige Tage später die Teilnahme mit den Worten  "Tut mir leid, aber das wird ein anstrengendes Semester für dich, wir wollen dich dabei haben" bestätigt wurde, konnte sich noch keiner von uns vorstellen, wie weit diese Zusage unseren Kaffeekonsum nach oben treiben würde. Dennoch freuten wir uns auf die uns bevorstehende Erfahrung.

Allerdings mussten wir uns vorerst noch gedulden, denn erst stand neben dem erwartungsvollen Warten auf den diesjährigen Sachverhalt das Einarbeiten in das Völkerrecht an, das für die meisten von uns ein völlig neues Rechtsgebiet war.

Foto Team 2015/16
Das Freiburger Jessup-Team 2016 (von links): Melanie Kistler, Dana Rolofs, Sara Faizee, Friedrich Arndt, Franka Enderlein

Schriftsatzphase

Nach langem Warten war es Anfang September endlich soweit der Sachverhalt, der sogenannte "Compromis", wurde veröffentlicht!

Nachdem wir uns gründlich in den Compromis eingelesen und diverse übersichten erstellt hatten, trafen wir uns Mitte September zum ersten Mal zum produktiven Arbeiten. Gemeinsam gingen wir den Compromis noch einmal durch, ehe wir anschließend Zuständigkeiten für Applicant (klagender Staat) und Respondent (beklagter Staat) sowie für die verschiedenen Klageanträge, die "Claims", verteilten.

Nachdem wir unser Büro bezogen und uns häuslich eingerichtet hatten, stürzten wir uns sofort und hoch motiviert in die Arbeit an den Schriftsätzen, den "Memorials". In den ersten Wochen galt es, zuerst einmal viel zu lesen und einen Gliederungsentwurf zu erstellen und das, ohne auf Prüfungsschemata oder andere Unterstützung aus Lehrbüchern zurückgreifen zu können. Es sollten nicht die letzten Gliederungen bleiben, denn immer und immer wieder mussten wir unsere "Memos" umstrukturieren, wenn nicht sogar völlig neu gliedern.

Anfang Oktober fingen die ersten von uns an, ihre Gliederungen mit Leben zu füllen und mit Hilfe alter Schriftsätze aus den bloßen Gliederungs-Skeletten eigene Memorials zu entwickeln. Was für eine Herausforderung! Nach zahlreichen Semestern des Fluchens über den Gutachtenstil galt es jetzt, den höchst eigenwilligen "Jessup-Stil" zu meistern: Eine Gratwanderung zwischen Gutachten- und Urteilsstil und doch ein ganz eigener Stil.

So verbrachten wir die folgenden Monate zwischen Büchern, Laptops, Kaffee, Mensa und Schokolade und unter den wachsamen Aufgaben unseres Coaches und all der anderen fleißigen Korrekturleser. Immer wieder kamen neue Ideen auf, immer wieder wurden alte verworfen, immer wieder wurden ganze Absätze gestrichen und immer wieder komplette Gliederungen umgeworfen. Bis wir Mitte Januar nach einem tagelangen Kürz-, Korrektur- und Formatierungsmarathon endlich pünktlich eine Stunde vor Abgabefrist unsere Schriftsätze einreichen konnten.

Probepleadings

Die schriftliche Phase war geschafft und sofort begann die mündliche Phase, von der wir alle ganz unterschiedliche Erwartungen hatten. Bisher waren wir es gewohnt, uns tief unter Büchern zu vergraben und menschlichen Kontakt nur noch in Schriftform über Email zu pflegen. Am ersten Abend der mündlichen Phase saßen wir aber dann auf einmal mit vielen Jessup-Alumni zusammen und bekamen so langsam eine grobe Vorstellung, was die mündliche Phase in sich birgt. Daraufhin bereiteten wir uns darauf vor, die Schriftsätze mündlich vor einer Richterbank vorzutragen.

Foto Team 2015/16

Hoch motiviert und überzeugt von unserer Arbeit ging es dann an die erste Pleading-Session. In dieser merkten wir jedoch sofort, worin die wirkliche Herausforderung beim Jessup liegt: Nicht einer von uns konnte auch nur einen seiner vorbereiteten Sätze vortragen, da wir sofort mit Fragen regelrecht "zerbombt" wurden. Dennoch führte uns jedes weitere Pleading von dort an immer tiefer in die Künste der Rhetorik und wir lernten, wie man als geübte/r Redner/in auch mit Nichtwissen brilliert und dass das noch so genialste Wissen untergeht, wenn man es doch nicht in einfacher Form vermitteln kann. Wir danken an dieser Stelle allen ehrenamtlichen Helfern, die uns während dieser Zeit besonders gecoacht haben, indem sie uns täglich anhörten, trainierten und stärkten mit ausgiebigem Feedback und Video-Analysen.

Ein Höhepunkt während dieser Zeit waren sicherlich unsere Vorträge via Skype mit Professorin Vöneky und Commander Ian Park an der Harvard University. Außerdem verbrachten wir gemeinsam ein Wochenende auf einer Hütte im Schwarzwald, welches unser Team noch enger zusammenwachsen ließ. Ein Faktor dabei könnte die leicht unterschätze Anreise zu Fuß durch einen Schneesturm gewesen sein, aber als Jessup-Mooties hatten wir längst gelernt, uns nie unter kriegen zu lassen.

Frankfurt

Im Februar 2016 ging es dann zum ersten Mal hinaus aus den Uni-Räumen und ab nach Frankfurt, wo wir Probepleadings in verschiedenen Großkanzleien haben sollten. Waren wir schon vor den Pleadings in den Uniräumen sehr aufgeregt gewesen, stand uns jetzt noch einmal ein ganz anderes Erlebnis bevor. Unsere Anspannung war vor praktizierenden Völkerrechtsanwälten, die alle auch an Moot-Courts teilgenommen und teilweise auch als Judges in nationalen oder internationalen Entscheidungen fungiert hatten, noch einmal um einiges größer. So war es eines der ersten Male, dass wir in unseren Businessanzügen an richtigen Rednerpulten probten. Den eigentlichen National-Rounds kamen die Probepleadings in Frankfurt somit wahrscheinlich am nächsten.

Foto Team 2015/16

Wir besuchten insgesamt vier Kanzleien, von denen uns mehrere mit spektakulärer Sicht über Frankfurt belohnten. So kam es, dass wir ein Pleading im 35. Stocks des Main-Tower verbringen konnten. Als wir die Kanzlei betraten, konnten wir es alle nicht glauben, dass sich in wenigen Momenten hochbezahlte Anwälte unsere 20-minütigen Pleadings anhören sollten. überrascht waren wir auch, wie gut diese vorbereitet waren. So hatten eigentlich alle unsere Memorials gelesen und stellten uns teilweise noch nie gehörte Fragen zu unserem Fall.

Als wir nach den Pleadings auch noch ein gutes Feedback bei Häppchen und Getränken bekamen, waren wir uns einig, dass dies wahrscheinlich der bisher aufregendste und netteste Teil unserer Jessup-Zeit war. Außerdem war es für uns alle auch eine tolle Teamerfahrung!

National Rounds

Ganz zum Schluss, als letzte, finale Station ging es dann nach München, die National Rounds erleben. Hier traf maximale Aufregung, auf maximalen Spaß. Endlich die anderen Teams treffen, endlich die anderen Schriftsätze lesen, endlich die eigene Arbeit präsentieren. In München trafen wir nicht nur auf wirklich nette, sondern auch auf extrem gut vorbereitete, rhetorisch brillante Teams. So pleadeten wir in der Vorrunde zum Beispiel gegen die späteren national Erstplatzierten und schieden leider aus.

Foto Team 2015/16

Nach Washington, das wussten wir ab Freitagabend, würde es für uns nicht gehen. Trotzdem hatten wir eine tolle Zeit in München, konnten Gespräche mit den Richtern führen und wurden von einem Jessup-Autor über Insider bezüglich der Fälle in den vergangenen Jahren aufgeklärt. Außerdem knüpften wir Kontakte zu Studierenden in anderen Städten, die sich ein Semester lang in derselben Situation befanden wie wir. Das Ganze war super spannend und hat die Menge an Arbeit belohnt.